Der Roland und die Butterjungfer von Zerbst!

Der Roland und die Butterjungfer von Zerbst!

Schon seit Jahrhunderten stehen Roland und Butterjungfer gemeinsam auf dem Markplatze von Zerbst im Anhaltischen. Leider nur hintereinander, so daß der Roland den bezaubernden Rücken der holden Jungfrau und somit auch nur das Hinterteil, sicherlich nicht unreizvoll, sehen kann. Nie hat er sie zu Gesicht bekommen, was er immer wieder bedauerte.

Auch Fräulein Jungfer weiß nicht, wie der starke und sicherlich gut aussehende Mann hinter ihr aussieht, der immer wieder zarte, manchmal auch etwas deftige Liebestöne ihr ins Ohr flüsterte. Jungfrauen sind dafür sehr empfänglich (wenn sie auch dabei pflichtgemäß etwas rot im Gesicht werden).

Wie die beiden letztendlich, so auf dem Bild zu sehen, sich doch begegneten – das ist eine andere Geschichte.

Hier erst einmal die Sage von der Butterjungfer:

Vor langen Zeiten stand dem Grafen von Lindau das Recht zu, für Butter, Käse und andere Waren, die nach Zerbst gebracht wurden, einen Zoll zu erheben, der aber mit der Zeit so hoch wurde, daß die Bauern ihre Erzeugnisse nicht mehr in die Stadt hineinbrachten, sondern vor dem Heidetor am Butterdamm, der davon seinen Namen haben soll, feil boten.

Für die Zerbster Hausfrauen war es freilich keine angenehme Aufgabe, bei Wind und Wetter den weiten Weg bis zum Butterdamm zu wandern, um dort Butter, Eier und Käse einzukaufen.

Endlich fand sich eine vornehme, vermögende Jungfrau, die entschlossen war, die Zollgerechtsame zu Gunsten der Stadt durch Kauf abzulösen. Sie begab sich eines Tages zum Grafen von Lindau und bat ihn, ihr den Zoll käuflich abzutreten, damit der Buttermarkt in die Stadt verlegt werden könne. Der Graf ging wohl auf den Vorschlag ein, stellte aber zur Bedingung, daß der Kaufpreis soviel Goldstücke betragen solle, als die Käuferin Schritte machen müsse, um den Weg vom Butterdamm bis zum Marktplatze zurückzulegen.

Freilich mußte sich die edelmütige Zerbsterin sagen, daß ihr Vermögen kaum zureichen würde, um die nötige Geldsumme aufzubringen, aber sie mochte von ihrem Entschlusse nicht zurückstehen. Schließlich erklärte sie sich einverstanden; es wurde ein Tag festgesetzt, an welchen die Zahlung in der besprochenen Weise stattfinden sollte.

Die Zwischenzeit benutzte die Jungfrau, um ihr Hab und Gut in blanke Goldmünzen umzusetzen. Dann stellte die sich am verabredeten Tage auf den Butterdamm ein, wo schon die Vertreter des Grafen sie erwarteten. In deren Begleitung wanderte sie dann in die Stadt zurück, indem sie jeden Schritt der langen Wegstrecke mit einem Goldstück belegte, und ihre Barschaft reichte gerade bis zu der Stelle auf den Marktplatze, wo heutigen Tages die Säule mit der weiblichen Figur steht, die man ihr zu Ehren hier errichtet hat.

(Quelle: Zerbst, eine 1000-jährige Stadt erzählt die Sage von der Butterjungfer. Landkreis Anhalt-Zerbst, Amt für Wirtschaftsförderung, SG Tourismus)

Diese Historie soll sich Anfang des 15. Jahrhundert zugetragen habe. Das Ereignis muß so von Bedeutung gewesen sein, daß die erste Säule, auf der sie steht, schon im selben Jahrhundert erneuert wurde. Das heutige Abbild der Jungfrau ist Barock erneuert und steht auf einer schwarzen Säule.

Der Zerbster Roland

Auf dem Marktplatz der Stadt Zerbst steht die Rolandfigur seit 1385 als Zeichen der freien Gerichtsbarkeit. Einst war er aus Holz und später aus Stein. Die Menschen nahmen immer wieder Veränderungen vor. So sollte der Handwerksmeister Heideloff (1843) den Zerbster Roland verschönern. Ein Haus sollte er bekommen, aber es wurde zu klein. So mußte er dem alten Roland vom Allerwertesten etwas abklopfen. Seither bezeichneten die Zerbster Bürger den Steinmetz als Schinkendieb. Aber der Roland steht nicht allein. Seit 1403 steht vor ihm die Butterjungfer, ein vergoldetes Figürchen auf einer 6 m hohen Holzsäule, die den Zoll für landwirtschaftliche Produkte wie u.a. die Butter bezahlt haben soll. Leider sieht der Roland die Jungfer nur von hinten.

(Quelle: Aus: Zerbst, ein Stadtführer für Kinder, Landkreis Anhalt-Zerbst, SG Tourismus)

Bernhard Hagedorn
Möhlau, den 15.07.00


Kulturgeschichte


Stand: 11.10.2000
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